Die Gartenlaube
Die Gartenlaube – Wie ein Familienblatt koloniale Bilder in deutsche Wohnzimmer brachte
Die Gartenlaube (1853–1944) war die erste Massenillustrierte im deutschsprachigen Raum. Sie popularisierte nicht nur Kultur und „Wissen“, sondern normalisierte auch koloniale Weltbilder – besonders gegenüber Afrika.

Kontext: Von liberal-patriotisch zu rechtsnational
Gegründet 1853 von Ernst Keil, erreichte die Gartenlaube in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Millionen Leser*innen. Spätestens ab den 1880er/90er Jahren verschob sich der Kurs von liberal-patriotisch zu konservativ und schließlich rechtsnational; 1938 übernahm der NS-Verlag Eher und benannte sie in Die neue Gartenlaube um (Einstellung 1944).
Afrika in der Gartenlaube: Exotik, Abenteuer, Verzerrung
Lange vor einer spezialisierten Kolonialpresse vermittelte die Zeitschrift Afrika über stark wirkende Bilder: menschenleere Landschaften, „exotische“ Körper, wilde Tiere, heroische Europäer. Solche Motive stützten das Narrativ eines „zivilisierenden“ Eingriffs.
Auch Unterhaltungstexte – Reiseberichte und Abenteuerfiktion – trugen zur kolonialen Imagination bei: Afrika als Projektionsfläche für Gefahr, Rohstoff und Mission. Die wiederholte Bild-Text-Kopplung machte diese Stereotype alltagsfähig.
Politik popularisieren: Die Berliner Kongokonferenz als Schlüsselmoment
Berichte und Illustrationen zur Berliner Kongokonferenz (1884/85) präsentierten die koloniale Aufteilung Afrikas als ordnenden, zivilisatorischen Akt. Das ikonische Motiv eines nackten afrikanischen Beobachters am Bildrand visualisiert die Hierarchie: Europa handelt, Afrika schaut zu.
Wirkung: Mediale Normalisierung des Kolonialismus
Als reichweitenstarkes Massenmedium verstärkte die Gartenlaube die kolonialen Deutungsmuster des Kaiserreichs. Ihre Bildwelten zirkulierten breit und wurden von Zeitgenossen häufig als kolonialfreundliche Propaganda verstanden. So trug das Blatt dazu bei, ein verzerrtes, eurozentrisches Afrikabild über Generationen zu verankern.
Die Gartenlaube war nicht nur Unterhaltung: Sie war ein Meinungsmotor. Ihre Kombination aus Illustration, Erzählung und politischer Rahmung normalisierte und legitimierte den deutschen Kolonialismus – und prägt die Bildarchive, aus denen wir heute Geschichte rekonstruieren.
Quellen & weiterführend
- Black Central Europe: Illustration zur Berliner Kongokonferenz (Die Gartenlaube)
- Die Gartenlaube – Überblick zu Geschichte, Eigentum, NS-Übernahme
- Kongokonferenz 1884/85 – Hintergrund und Folgen
- H.-P. Hahn: On the Circulation of Colonial Pictures (PDF)
- Bildzirkulation & koloniale Fotografie – De Gruyter/Brill (Kapitel)